Die Reise nach Rust
Elena Bühler, unsere Lernende im 3. Lehrjahr, durfte bei der Vorbereitung zur Konzerttournee von DJ Bobo in Rust mit dabei sein. Elena beschreibt ihren Alltag während zwei Wochen.
Um 7.00 Uhr trafen wir uns jeweils im Atelier. Von der afrikanischen Schneiderin bekam ich Anweisungen auf Englisch, was ich zu tun habe, denn sie und die Designerin machten die Kleider und die Fittings. Den Überblick zu behalten war für mich unmöglich, denn wir hatten 1000 Kostümteile. Zu jedem Kleid gab es eine Modezeichnung, so dass ich sehen konnte, wie es schlussendlich aussehen musste. Unsere Arbeiten waren sehr vielfältig: Hosen kürzen, Schulterpolster einnähen, Neoprenanzüge nähen, Plastikgürtel herstellen oder einzelne Krägen nähen. Wir brauchten diverse Werkzeuge wie Ahlen, Hämmer oder Heissleihm. Vieles nähten wir von Hand, da die Sachen nicht unter die Maschine passten. Da ich mit einem Fingerhut nicht nähen kann, kam es vor, dass mir beim Nähen von mehreren Schichten danach der Finger blutete. Die Kostüme wurden mit Glasscherben, mit Bierdeckeln, Schrauben etc. verziert. Nach einem langen und anstrengenden Tag, manchmal dauerte dieser bis zu 15 Stunden, den wir mit viel Kaffee und Cola bewältigten, um wach zu bleiben, fuhren wir zum Hotel zurück. Manchmal ging es nach knappen fünf Stunden Schlaf wieder weiter. Es gab Tage, an denen blieb keine Zeit für ein kurzes Mittagessen oder eine Pause. So arbeitete ich 12 Tage am Stück. Es war wahnsinnig streng aber auch ein tolles Erlebnis, welches ich nie vergessen werde.
Im ganzen Team waren viele Stars, Handwerker, Familienangehörige, Fernseh-Teams etc. Trotzdem fühlte es sich wie in einer grossen Familie an. Man grüsste sich immer. Die Tänzer kamen am Morgen, umarmten dich, fragten dich wie es geht und brachten sogar etwas zum Essen. Natürlich hatte ich auch mit DJ BoBo und seiner Frau Nancy zu tun. Er probierte seine Kleider und danach diskutierten wir zu Fünft, wie es genau genäht werden soll, damit es auf der Bühne am besten wirkt. Funktioniert es bei der Show? Eine Frage, die wir uns oft stellten. Mit der Elektrik und dem Licht konnten wir z.B. keine Spiegelfolie verwenden, weil diese zu stark reflektieren würde oder es Probleme mit der Elektrik geben könnte. Man musste auf Dinge schauen, welche ich mir selber nie überlegt hätte. Oft gab es auch Probleme, dass die Tänzer ihren Tanzschritt nicht richtig machen konnten, weil entweder die Hose zu tief geschnitten war oder das Material zu dick war. Da mussten wir eine gute Lösung suchen. Bei jeder Probe mit den Originalkostümen kam es vor, dass Hosen rissen, Gürtel nicht richtig hielten oder Verschlüsse bei Jacken aufgingen etc. All das musste dann geflickt werden. Der Stress war gross und man spürte die Anspannung.
Vor allem war die Aufregung vor der grossen World Premiere gross. Ich war extrem angespannt, als ich am letzten Tag noch letzte Details an DJ BoBo‘s Finalkleid nähen musste. Ein falscher Schnitt und das Kleid wäre ruiniert gewesen. Zeit, um länger nach zu denken, ob ich das richtige mache gab es aber nicht. Während dem Schlussfinish halfen uns sogar die Tänzer wie auch der Sänger Jesse Ritch beim Nähen. Um 18.30 Uhr, vor der grossen Premiere um 20.00 Uhr starteten wir mit drei Finalkleider für Nancy und zwei Sänger. Nie hätte ich gedacht, dass wir fertig werden. Ich nähte das Kleid von Jesse Ritch. Noch nie im in meinem Leben habe ich so schnell genäht, aber ich wusste, egal wie, er musste in seinem weissen Kleid auf der Bühne stehen. Bereits als die Show schon lange lief, wurde ich fertig und rannte hinter die Bühne zur Herrengarderobe. Jesse Ritch war schon klar, dass er heute ohne Finalkleid auf die Bühne muss. Als ich trotzdem mit dem Kleid da stand, war sein Staunen gross. Ich half ihm beim Umziehen und es musste funktionieren, obwohl wir es nie geprobt haben. Als dann die Premiere gut verlief, war ich sehr stolz. Wir waren jedoch noch nicht fertig. Nach der Show kamen alle defekten Teile und wir mussten am Samstag auf ein Neues flicken, flicken, flicken….
Für mich war es eine Welt, die ich nicht kannte. In dieser Zeit wurde auch ein Teil von Happy Day gedreht. Ebenfalls kamen TV-Teams von verschiedenen Fernsehsendern, wollten Interviews und drehten Szenen, wie zum Beispiel unser Frühstück verlief.
Eine spannende Zeit, die mir immer in Erinnerung bleibt!
Elena Bühler